2022-06-25 – von Wegen…
… unter diesem Motto findet an diesem Wochenende in Görlitz eine der größten Veranstaltungen dieses Jahres in unserer Region statt: der Lausitz Kirchentag. Auch für Kurzentschlossene ein guter Tipp im Blick auf die Vielfalt des Programms: jede Menge Angebote für Jung und Alt in den Bereichen Kultur, Spiritualität, Bildung, Politik.
„Von wegen“: da klingt für mich zweierlei mit: einmal ein trotziges „Mit mir nicht“, oder „Nichts da…“ oder: „Denkste!“
Auch in dem Sinn: „von wegen Resignation“, „von wegen abgehängt“, „von wegen no future…“
Die andere Bedeutung lädt ein, von Wegen zu sprechen, die man gehen kann, die andere schon gegangen sind, von Wegen, die in eine lebens- und liebenswerte Zukunft führen.
Da lohnt es sich, sich wieder einmal bewusst zu machen, welche Ziele meine Lebenswege haben, was ich an Proviant brauche, wer mit mir auf dem Weg ist, wem ich Wegbegleiter:in sein kann. Oder auch, welche Vorbilder es für mich gibt: Weggestalten.
Denn schon immer war es so, dass sich Menschen immer wieder und immer neu auf die Suche machen: nach Orten, nach Zeiten, Begegnungen und Erfahrungen, die eine Antwort sein können für ihre Fragen. Menschen machen sich auf die Suche nach Sinn. Diese Suche ist ein innerer und ein äußerer Weg. Andrea Schwarz, eine erfahrene Theologin, formulierte es einmal so: „Wenn die Seele sucht und der Kopf fragt, dann bricht das Herz auf und dann machen sich Menschen auf den Weg – und gehen los.“ Immer schon brachen Menschen auf, um zu suchen, um Antworten zu finden auf die Fragen des eigenen Lebens, und um das zu finden, was den eigenen Alltag übersteigt. Und diejenigen, die tatsächlich losgehen, öffnen sich für andere Erfahrungen. Sie verlassen ihre vertraute Umgebung, die ihnen Sicherheit und Schutz bot. Sie wissen nicht, was auf sie zukommt, aber sie lassen sich darauf ein. Sie gehen los mit wenig Gepäck und erfahren unterwegs, was man wirklich zum Leben braucht.
Die Bibel ist voll von Gestalten, die sich in diesem Sinn auf den Weg gemacht haben: Abraham, dem es zuhause zu eng wurde, Jakob, der vom Betrüger zum sorgenden Stammvater wurde, Jona, der zuerst wegrannte, als er einen inneren Ruf vernahm. Die Wege waren beileibe nicht gradlinig. Es gab für alle Um-, Irr- und Holzwege. Und manchmal fanden sie etwas auf dem Weg, was sie nicht gesucht und bekamen etwas, worum sie nicht gebeten hatten. Wenn wir schließlich einen Blick auf Jesus werfen, auf den hin sich Kirche ja begreift, dann wird deutlich, dass er seine Freund:innen keine Dogmen gelehrt hat, sondern mit den Menschen unterwegs zu sein. So ist eine neue Weggemeinschaft entstanden.
Von Wegen: gerade jetzt ist es wichtig wie lange nicht mehr, miteinander nach Wegen zu suchen, die für jeden einzelnen und für alle Menschen Lebensräume eröffnen und Sinn machen.
In Görlitz beim Lausitz Kirchentag und überall. Lassen wir uns dazu einladen!
„Wort zum Sonntag“, von Pfarrer Ansgar Schmidt, St. Johannis Kirchgemeinde Zittau veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 25./26. Juni 2022.