2023-06-18 – Denkwürdig
In besonderer Weise gedenken wir an diesem Wochenende des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953. Denn zum siebzigsten mal jährt sich dessen Niederschlagung in äußerster Brutalität. Die Repressionen in der noch jungen DDR, die Knebelung in unfairen Löhnen genauso wie die diktatorische Bevormundung des gesamten Alltags hatte das Volk auf die Straße getrieben. Heute wissen wir, dass damals auf lange Jahre besiegelt wurde, uns Ostdeutschen weit mehr als nur das Recht auf ein demokratisches Zusammenleben in Frieden und Freiheit vorzuenthalten. Das damals Erlittene hat uns geprägt und wirkt noch heute nach. „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Mit diesen Worten eröffnet unser Grundgesetz. Bereits mehr als dreißig Jahre lang dürfen nun auch wir Ostdeutschen uns auf diese Grundlage unseres Zusammenlebens berufen. Ein wahrhaft hohes Gut. Nicht zuletzt verdanken wir diese freiheitliche Errungenschaft dem entschlossenen Aufbegehren von damals. Doch, was mag uns das heute noch wert sein? Unser Miteinander in gegenseitiger Würde scheint bedrohlich gelitten zu haben. Der Schriftsteller Erich Kästner hat zu seiner Zeit bereits leidvoll erfahren müssen, dass „an allem Unfug, der passiert, nicht etwa nur die schuld sind, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern“. Um unserer guten Gemeinschaft willen fordert uns das erlittene Unrecht auf, uns um den Schutz unserer demokratischen Lebensordnung zu bemühen. Indem wir uns für ein gutes Miteinander engagieren, es hegen und pflegen. Und schützen vor all dem, was unser Zusammenleben in Freiheit und Würde beschädigt.
„Wort zum Sonntag“ von Sigrun Zemmrich ,Pfarrerin für Tourismusseelsorge im Ev.-Luth. Kirchenbezirk Löbau-Zittau, veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 17./18. Juni 2023.