2019-09-07 – Bevor wir die Hände in den Schoß legen
Vor einer Woche waren wir aufgefordert, zu wählen. Jetzt sind die meisten Plakate samt Gesichtern, Halbsätzen und Großbuchstaben wieder abgehängt. Die Stimmen sind gezählt, die Sitze werden verteilt. Diesmal, so scheint es mir, kehrt der Alltag schnell wieder ein. Jetzt haben die Gewählten Gelegenheit zu zeigen, wie sie die starken Worte, mit denen sie geworben haben, umsetzen wollen.
Und wie sieht es mit unserem politischen Engagement aus? Beschränkt es sich auf Nachrichten schauen und aufregen? Warten wir so bis zur nächsten Wahl und setzen dann wieder unsere Kreuze je nach Informationsstand, Interessenlage und Frustrationspegel? Wir sind ja nur der „kleine Mann“ oder die „kleine Frau“, die nichts auszurichten vermag?
Heute Morgen schlug ich meine Bibel auf, und zwar genau da: 1. Timotheusbrief, Kapitel 2,1-4:
„Das Erste und Wichtigste, wozu ich die Gemeinde aufrufe, ist das Gebet, und zwar für alle Menschen. Bringt Bitten und Fürbitten und Dank für sie alle vor Gott! Betet für die Regierenden und für alle, die Gewalt haben, damit wir in Ruhe und Frieden leben können, in Ehrfurcht vor Gott und in Rechtschaffenheit. So ist es gut und gefällt Gott, unserem Retter. Er will, dass alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen und gerettet werden.“
Ich kann nicht anders, als diese Verse persönlich zu nehmen. Gott gibt uns eine Aufgabe: Betet für diese gewählten Menschen. Sie sind maßgeblich daran beteiligt, ob ihr in Frieden leben werdet oder nicht. Das klingt nach einer überschaubaren Aufgabe, aber richtet es etwas aus, wenn wir die Hände falten und beten?
Ich denke schon. Genau genommen glaube ich sogar, dass sich im Gebet die stärkste Kraft verbirgt, die Gott uns anvertraut hat. Denn im Gebet stellen wir uns Gott zur Seite. Wir willigen ein in seine Pläne und Gedanken: Ein Friedensreich hat er uns verheißen, in dem Menschen friedlich miteinander leben, in dem seine ganze Schöpfung in Frieden leben darf. Also beten wir darum, dass dieser Plan Wirklichkeit wird und legen wir Gott ganz besonders die Menschen ans Herz, die „Gewalt haben“, dass sie Teil seines Planes sind und ihre Posten in seinem Friedensreich einnehmen.
„Wort zum Sonntag“, von Elisabeth Süßmitt, Pfarrerin der Kirchgemeinde Kittlitz-Nostitz,
veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 07./08. September 2019.