2021-05-15 – Himmel-Fahrt

Am vergangenen Sonntagnachmittag habe ich im Garten gewerkelt. Nicht viel. Ein bisschen. So zum Wohlfühlen. Ich genoss die Wärme und die Sonne. Mein Blick wanderte immer mal zum blauen Himmel, dann zu den Radfahrenden ringsum. Ich dachte an Himmelfahrt. Himmel-Fahrt. Wie wäre es, mit dem Rad mal in den Himmel zu fahren? Gucken halt, wie es da ist. Himmel-Fahrt. Ein seltsames Wort. Würden wir einfach mal hinfahren – so, wie wir in den Nachbarort radeln? Was erwarten wir, dort zu sehen?

Ballonfahrende steigen auch zum Himmel auf. Sie „fahren“, heißt es. Und sie erzählen nachher von atemberaubenden Blicken auf die schöne Landschaft. Und von einer großen Stille. — Weltraumfahrer sind auch irgendwo „da oben“ im Himmel. Sie staunen über unseren kostbaren Planeten. — Doch weder Ballonfahrende noch Weltraumfahrer sprechen, wenn sie aufbrechen, von einer „Himmel-Fahrt“.

Ich gebe zu, ich habe lieber Boden unter den Füßen. Ich wandere eher. Wenn ich auf einem Berg stehe, blicke ich gern in die Täler „da unten“, auf die sich schlängelnden Flüsse, auf Mini-Häuser und die verschiedenfarbigen Felder.

Bedeutet Himmel-Fahrt also eher ein Perspektivwechsel? Und dazu noch, dass wir einen freundlicheren Blick auf das werfen, was sonst immer um uns ist? Vielleicht sogar mit einer besonderen Ruhe, einer Stille. Himmel-Fahrt bleibt dennoch ein seltsames Wort. Aber es wird mir bunter und schöner, weil es mir eine andere Perspektive aufzeigt.

Zu Himmelfahrt wird in den Gemeinden daran gedacht, dass Jesus Christus „in den Himmel aufgefahren“ ist. Weder mit Rad noch mit Ballon. Jesus Christus wurde emporgehoben, zu Gott. Klingt auch seltsam. Sein Freundeskreis blieb zurück. Bestimmt haben ihm die Jüngerinnen und Jünger lange hinterhergesehen. Dann richteten sie ihre Blicke wieder auf das, was vor ihnen lag. Und sie ahnten – Jesus Christus kann uns sehen. Er hat „von dort oben“ einen viel besseren Überblick. Er hat uns liebevoll im Blick. Die ganze Welt. Darauf vertrauten sie. Darauf vertrauen Menschen bis heute. Ich auch. —

Von meinem kleinen Beet schaue ich auf. Himmel-Fahrt. Ich würde gern mal in den Himmel fahren und gucken. Einfach so. Doch auf alle Fälle möchte ich diese Perspektive einüben: den liebevollen Jesus-Blick auf unsere kostbare Erde, auf uns Menschen – auf Sie, auf dich.

„Wort zum Sonntag“, von Dorothee Markert, Pfarrerin im Kirchgemeindebund Löbauer Region
veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 15./16. Mai 2021