2024-03-03 – Das christliche Menschenbild – was ist das überhaupt?
Letzte Woche habe ich aus den Medien erfahren: die katholische Deutsche Bischofskonferenz hat sich klar vom Rechtsextremismus distanziert und warnt vor der Wahl einer Partei, die eine völkisch-nationalistische Ideologie propagiert. Dabei beruft sie sich auf das christliche Menschenbild.
Und da stehe ich wieder einmal vor der Frage: Was genau soll das sein: Christliches Menschenbild? Und was sagt die Bibel dazu?
Schauen wir mal gleich an den Anfang, in die Schöpfungsgeschichte! Da steht in Kapitel 1, Vers 27: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde… und schuf sie männlich und weiblich.“ Hier lese ich Erstens: Wir Menschen sind von Gott Geschaffene, und zwar als Individuen, jeder und jede Einzelne. Und alle haben wir die Möglichkeit einer direkten Beziehung zu Gott, ohne Unterschiede der Herkunft, der Hautfarbe, der Sprache, der Fähigkeiten, ja sogar der Religion. Jeder Mensch ist von Gott geschaffen und geliebt, genau wie ich selber, auch die, die ich nicht leiden kann.
Zweitens lese ich: Wir Menschen sind zu Gottes Ebenbild erschaffen, als sein Gegenüber. Damit werden wir zu Stellvertretern Gottes auf der Erde und haben die Aufgabe, die Natur zu verwalten und zu bewahren, eine gute Ordnung für alle zu schaffen und zu erhalten. Und Drittens: Nur in Gemeinschaft sind wir Ebenbild Gottes, nicht als Vereinzelte, sondern in Beziehung, in Partnerschaft, indem wir einander ergänzen und unterstützen.
Das gibt ja schon mal eine Menge her. Die Bibel ist übrigens realistischer als manche Ideologien. In Genesis 8,21 steht: „Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.“ Hier lese ich: Wir sind nicht perfekt. Kein Mensch kann sein Leben führen, ohne schuldig zu werden. Und aus eigener Kraft kommen wir da auch nicht raus. Wir sind auf Gottes Vergebung und Barmherzigkeit angewiesen.
Und was steht im Neuen Testament? Ziemlich viel, wenn man sich die Geschichten über Jesus und seinen Umgang mit Menschen ansieht. Der Apostel Paulus schreibt in seinem Brief an die Christen in Galatien (4,28): „Es spielt keine Rolle mehr, ob ihr Juden seid oder Griechen, Sklaven oder freie Menschen, Männer oder Frauen. Denn durch eure Verbindung mit Christus Jesus seid ihr alle wie ein Mensch geworden.“ Offenbar ist das gar nicht so schwer mit dem christlichen Menschenbild. Für Christen sind andere Menschen erst einmal Kinder Gottes. Sie wollen mit gütigen und verständnisvollen Augen angesehen werden, so wie Gott uns ansieht. Drohen und Verleumden, Hass und Hetze gehören nicht dazu.
„Wort zum Sonntag“, von Barbara Herbig, Kirchgemeinde Zittauer Gebirge-Olbersdorf , veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 2./3. März 2024.