2021-06-19 – Wertvoll
Während meiner Dienstzeit hat sich schon so einiges angesammelt . Nach den Gruppenangeboten bleiben öfter Dinge liegen. Wertvolles und weniger Wertvolles. Nur manches wird abgeholt, anderes ist ersetzbar. Ein Kuscheltier, das zum Einschlafen fehlt, wird vermutlich mehr vermisst als eine Haarspange. Nach einem verlorenen Zwei-Eurostück würde ich nicht so intensiv suchen wie nach meinem Smartphone. Es ist abzuwägen: Was ist welchen Aufwand wert? Was ist mir so wichtig, dass ich deshalb intensiv auf die Suche gehe, dass ich nicht eher aufgebe, bis ich es gefunden habe? Im Lukasevangelium heißt es: „Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Wüste zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet?“. Ein scheinbar unangemessener Aufwand? Es sind doch noch genügend andere da, und die verhalten sich ordentlich. Wahrscheinlich ist das Eine sogar selbst schuld, dass es den Anschluss verpasst, sich verirrt, vom Weg abkommt. Aber ein Hirte wird es nicht allein lassen, er sucht danach. Es ist ein Gleichnis: Menschen sind für Gott nicht unterschiedlich wertvoll. Keinen will er verloren geben. Es geht nicht um den Sachwert oder Verdienst. Wie beurteile ich, welche Menschen welchen Aufwand verdient haben? Die, die sich ordentlich verhalten? Die, die „normal“ aussehen? Die, die ich besonders mag und die mich mögen? Kann ich mich auch für jemanden einsetzen, der es in meinen Augen vielleicht nicht verdient hat? Bei Gott ist das möglich. Menschen suchen ihre Wege selbst und machen ihre Fehler. Aber Gott sucht jeden und freut sich über jeden Einzelnen, der zum Leben mit ihm zurückfindet. Für ihn ist jeder wertvoll. Ohne Ausnahme.
„Wort zum Sonntag“, von Susanne Hämmerlein, Gemeindepädagogin im Kirchgemeindebund Löbauer Region
veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 19./20. Juni 2021