2021-03-27 – Herr, hilf doch

Eigentlich schaue ich solche Sendungen nicht.
Zwei meiner Kinder wollten den Abschluss des Jugendwettbewerbs „Dein Song 2021“ sehen. Da singen Kinder selbst komponierte Lieder – erstaunlich professionell. Bei der Siegerehrung brach schallender Jubel aus, goldene Luftschlangen regneten auf die Bühne.
Morgen, der Sonntag Palmarum, kennt eine ähnliche Geschichte. Jesus wird von begeisterten Leuten begleitet. Als er in Jerusalem ankommt, bricht Jubel aus, die Menschen werfen Palmzweige als Freudezeichen auf den Weg und rufen begeistert: „Hosianna, gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn.“
Obwohl zeitlich bald 2000 Jahre auseinander, haben beide Erlebnisse eine erstaunliche Nähe. Kinder jubeln der jungen Sängerin zu, sie freuen sich, mal für zwei Stunden Corona vergessen zu können, Musik und ein Fest zu erleben. Dabei hoffen sie, bald auch wieder Gemeinschaft, Feiern und Freude zu haben.
Damals jubelten die Menschen, weil sie hofften, Jesus würde den Politikern endlich mal zeigen, wo die Harke hängt. Er aber predigt: Vertraut auf Gott, lebt seine Liebe untereinander, helft euch, seid dankbar, gebt euer Leben in Gottes Hand – das ist Lebensfülle. Aber das wollten die Menschen nicht hören. Ihre Begeisterung kippte in Wut um: Kreuzige, kreuzige ihn, schrien sie. Und heute?
Die Begeisterung meiner Kinder und meine eigene ist gerade auch verflogen. Ostern im harten Lockdown, heißt es in dieser Woche. Ferien ohne Freude auf Ostereiersuchen bei Oma und Opa, ohne Besuche, Urlaube, ohne große Festgottesdienste und das Ostergeschäft, das Händler so dringend brauchten.
Wenn schon nicht die Begeisterung, so droht nun auch noch die Akzeptanz der Maßnahmen zu kippen. Fast wie damals gibt es auch heute laute Hass-Rufe – auf Demos und im Internet. Und ich als Pfarrer weiß jetzt die kluge Lösung oder habe einen frommen Spruch parat?
Nein, hätte ich vielleicht gern. Aber eins sehe ich: Die Menschen haben Hosianna gerufen, zu deutsch: Herr, hilf doch! Mir erzählte ein Mann, wie er in einer schlimmen persönlichen Situation so zu Gott gebetet hat – und Hilfe erlebte. Ich selbst habe das im letzten Jahr ganz eindrücklich mit Gott erlebt. Das macht mir Mut, in diesen Tagen nicht zu schimpfen, sondern Gott zu bitten. Dazu muss man kein Pfarrer sein. Probieren Sie’s und erzählen Sie’s weiter. 

„Wort zum Sonntag“, von Daniel Mögel, Pfarrer im Kirchgemeindebund Löbauer Region
veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 27./28. März 2021