2019-05-11 – „Ich liebe Dich und danke Dir!“

Ein Mann legte seine Hand auf die Schulter seines Nachbarn, schaute ihm in die Augen und sagte: Die Mutter war’s, was braucht´s der Worte mehr. Wir standen zusammen am Grab der Mutter, die im lebenssatten Alter gestorben war.
Dieser Satz ist mir immer wieder mal begegnet. Manchmal habe ich mich geärgert, wenn ich denke: Sollte es über eine Mutter nicht mehr zu sagen geben? Zum anderen entdecke ich darin auch Wahrheit. Wer mit aufrichtigem Herzen Mutter sagt, der spricht eben viel mehr aus als nur, dass er seine Mutter meint.
Am Sonntag wird Muttertag gefeiert – mit seiner über 100-jährigen, wechselhaften Geschichte. Dass sich der Kommerz zu diesem Tag so in den Vordergrund drängt, stört mich sehr. Aber dass mal bewusst an die je eigene Mutter gedacht werden soll, freut mich. Unter Schmerzen hat sie mich geboren, hat Nächte durchwacht, als ich Ohrenschmerzen hatte, mir nicht nur die Windeln, sondern Jahre lang die Wäsche gewaschen, hat mir vorgelesen, bei den Schularbeiten geholfen, geschimpft, wenn ich mit dem Roller zu gefährlich gefahren bin, Tränen getrocknet, sich Sorgen gemacht, meine Pubertät ausgehalten, mich ermutigt, für mich gebetet, mich ins Erwachsenenalter geführt – meine Mutter. Heute habe ich eine eigene Familie, wohne entfernt von meiner älter gewordenen Mutter. Habe ich heute Zeit für sie? Habe ich Dank und Liebe für sie? Eines der 10 Gebote der Bibel heißt: Du sollst Vater und Mutter ehren. Damit ist nicht der Muttertag gemeint, auch keine Verehrung. Damit ist ein lebenslanger, vertrauensvoller Kontakt gemeint. Nicht als fromme Leistung gegenüber Gott oder den Eltern. Sondern als Orientierung, wie das eigene Leben und das Leben zwischen den Generationen wertvoll wird. Nicht immer, aber immer wieder kann ich als Pfarrer miterleben, wie dankbar und reich Menschen sind, wenn Eltern, Kinder und Enkel sich gegenseitig bestärken. Die zentrale Botschaft der Bibel heißt: Du bist geliebt – von Gott und von Menschen. Sagen Sie doch mal Ihrer Mutter die einfachen aber starken Worte: Ich liebe Dich und ich danke Dir.

„Wort zum Sonntag“, von Daniel Mögel, Pfarrer der Kirchgemeinde St. Nikolai Löbau,
veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 11./12. Mai 2019.