2021-03-07 – Wie lange noch??
Diese Frage bewegt zurzeit vermutlich die Meisten von uns. Die Situation nervt, bedroht, zerstört, macht Angst, hilflos oder auch wütend. Und Sie ahnen schon, ich kann diese Frage nicht wirklich beantworten. Wir müssen mit dieser Frage leben. Aber ich möchte Ihnen gern ein paar Gedanken weitergeben, die uns vielleicht weiterhelfen können:
Wir können schweres besser aushalten, wenn wir wissen – es ist bald vorbei! Wenn wir mit schmerzvoller Mimik auf dem Behandlungsstuhl stumm diese Frage stellen, erlösen uns die Worte des Zahnarztes: „wir haben’s gleich geschafft“. Wir brauchen diesen Hoffnungsschimmer, wenn wir schweres durchmachen. Und gerade das macht es jetzt so schwierig, weil die Hilflosigkeit der Verantwortlichen, menschliches Unvermögen oder argwöhnisches Misstrauen keine Hoffnung schaffen.
Wir brauchen konkrete Schritte aus dem Dilemma und die müssen kontrovers debattiert werden. Das ist die konkrete Herausforderung in der wir uns gerade befinden.
Uns kann außerdem die Weisheit helfen, die der König Salomo (die Bibel Buch Prediger,3) mit den Worten zusammenfasst: „Alles hat seine Zeit“ – und damit auch ein Ende. Lesen Sie gern dort einmal weiter. Was wir gerade erleben, ist nicht alles, auch wenn es für viele fast um alles zu gehen scheint.
Darüber hinaus spricht diese Frage eine Sehnsucht aus, die uns ein Leben lang begleitet: Dass endlich alles gut wird, oder wenigstens besser, als es gerade ist! Oft sind das solche „wenn erst – dann!“ Sätze: Wenn ich erst die Schule geschafft habe, wenn erst die Ausbildung vorbei ist, wenn wir erst den Kredit abbezahlt haben, wenn ich erst Rentner bin… – und dann? Findet unser Leben nicht jetzt schon statt? Ja! Darum ist es gut, wenn wir jede Lebenszeit als geschenkte Zeit von Gott annehmen können. Die Sehnsucht, dass alles gut wird, hat mit unserer Beziehung zu Gott zu tun. Augustinus erkannte schon vor 1600 Jahren: „Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir.“
Wir können Gott darauf ansprechen, ganz direkt. Wir können ihm diese Frage stellen: „Wie lange noch?“. Viele Menschen haben das in der Bibel getan. Allein im Buch der Psalmen steht es 14 mal. Menschen schleudern Gott in ihrer Verzweiflung diese Frage regelrecht entgegen. Um dann überraschend ein paar Sätze später selbst darauf zu antworten, weil Gott ihnen begegnet ist – in ihren Fragen. Im Psalm 13 klingt das zum Beispiel so:
„Herr, wie lange willst du mich noch vergessen? Wie lange willst du dich noch von mir abwenden? Wie lange soll meine Seele noch sorgen und mein Herz täglich aufs Neue trauern? … Wende dich mir zu und erhöre mich, Herr, mein Gott! Mach es wieder hell vor meinen Augen, damit ich nicht sterbe… Ich vertraue darauf, dass du so gnädig bist. Ich freue mich, dass du mich retten wirst.“
Lassen Sie uns mit solchen, oder eigenen Worten Gott suchen und ihn voller Hoffnung bitten, dass er uns durch diese schwere Zeit führt. Er wartet auf uns, hört uns und ist uns nahe.
„Wort zum Sonntag“, von Thomas Hoffmann, Gemeinschaftspastor der Landeskirchlichen Gemeinschaft Zittau
veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 6./7. Februar 2021