2021-11-28 – Der Kjeld und die Tür

Der Kjeld und die Tür

„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit.“ So beginnt eines der bekanntesten Adventslieder. Und bei diesem Lied mit der Tür stellt sich bei mir ein unerwarteter Gedanke ein. Aus Kindertagen kommt mir da die Szene der Olsenbande in den Sinn (Folge 6), als Kjeld versucht den bösen Dicken, der Egon immer ans Leder will, aufzuhalten. Man sieht ein kleines Baustellenhäuschen. Und der gute Kjeld hält von außen zu, damit der böse Dicke den Egon nicht drankriegt. Beide stemmen sich so sehr gegen die Tür des laweden Häuschens, dass es zu schwanken beginnt und schließlich nach und nach einfällt, bis nur noch die beiden Kontrahenten stehen und die Tür zwischen ihnen. Eine Szene, bei der mir damals vor Lachen die Tränen kamen.

Wenn ich nun heute über Türen und Zugänge nachdenke, da wird mir ganz anders ums Herz. Da muss ich eher eine Träne verdrücken. Wenn ich zum Beispiel sehe, wie wir als Gesellschaft dieses verhängnisvolle „Spiel“ spielen, das Kjeld und sein unliebsamer Konkurrent da aufführen. Auch bei uns scheinen die Rollen von „gut“ und „böse“, von „solidarisch“ und „unsolidarisch“ mittlerweile klar verteilt. Das ist fatal und so „verrammelt“ der gegenseitige Druck den Zugang zueinander nur noch mehr. Ja, wir rütteln mittlerweile so zornig an dieser Tür, dass wir damit die Statik eines ganzen Land(haus)es kräftig ins Wanken bringen.

Wie anders klingt es im Lied: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!“ Da heißt es dann in der letzten Strophe: „Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist.“ Und mit einem Mal sind wir bei der zentralen Advents-Frage: Wofür und für wen ist unsere Herzenstür offen – und für wen nicht? Welche 2G oder 3G-Regeln haben wir uns da eigentlich im Blick auf Gott und Menschen zugelegt? Kommt bei uns nur an, wer gefällig, gleichmeinend und gesinnungskongruent ist? Das wäre wohl der sicherste Weg in eine Gedankenblase, die die Zugänge zueinander letztlich ganz vermauert und uns die Möglichkeit neuer Erfahrungen nimmt. Was aber geschieht, wenn wir einander und auch Gott einlassen, davon singt das Lied und das wünsche ich Ihnen und uns allen: „So kommt der König auch zu euch, / ja, Heil und Leben mit zugleich. / Gelobet sei mein Gott, / voll Rat, voll Tat, voll Gnad.“

„Wort zum Sonntag“, von Gerd Krumbiegel, Pfarrer in der Kirchgemeinde Großschönau,
veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 27./28. November 2021