2022-08-14 – My home is my castle

Trautes Heim. Glück allein.

Und Silbermond singt in einem Lied: Mein Osten. Meine Wurzeln. Mein Revier. Ich vergess’ nicht, wo ich herkomm’.
Alles Worte für Heimat. Für ein Zuhause.

In der Bibel, im Buch Rut im Alten Testament, heißt das so:
Du bist gekommen zu dem Herrn, dass du unter seinen Flügeln Zuflucht hättest.

Gehen. Ankommen. Angewiesen sein darauf, dass man in der Fremde auf eine Willkommenskultur trifft, einen Ort haben, an dem es sich gut und sicher leben lässt und dass man auch zurückkehren kann — davon erzählen die Redewendungen, davon singt Silbermond, davon berichtet das Buch Rut.

Refugees welcome!

Geflüchtete willkommen!

Dieser Satz ist 2015 zum Anglizismus des Jahres gekürt worden. — Weil er nicht nur Schutz anbietet, sondern auch Weltoffenheit signalisiert, so damals die Begründung der Jury.
Dieser Satz lässt seitdem aber auch unsere Gesellschaft über Willkommenskultur und über die Verantwortung füreinander streiten.

Refugees welcome! Rut und Noomi in der biblischen Geschichte haben das später tatsächlich – und Gott sei Dank – hören dürfen.

Refugere. Es steht in der lateinischen Sprache gleichermaßen für fliehen und für Zuflucht nehmen. Mein Refugium: Mein Zufluchtsort. Mein Unterschlupf. Der Ort, an dem ich sicher bin. Nicht nur die, die 1000 km und mehr durch Europa hierherkommen, haben diesen Wunsch — ich auch.

Du bist gekommen zu dem Herrn, dass du unter seinen Flügeln Zuflucht hättest.

Ich wünsche mir, dass wir Menschen unsere Refugien besser teilen können.
Und ich wünsche mir, dass wir Zufluchtsorte schaffen: Auch, indem wir selbst von Menschenfreundlichkeit und Respekt reden.
Das hebräische Wort für Flügel lässt sich auch übersetzen mit Rockzipfel oder Mantelsaum.
Was können wir tun?
Nicht den Mantel über das breiten, was wir lieber ignorieren an Kanten unserer Gesellschaft und in unserem Miteinander.
Zufluchtsorte für andere und auch uns selbst eröffnen.
Auf den hinweisen, der uns immer wieder zeigt, wie das geht: Menschen bergen, Schutz geben, im Fremden ankommen lassen. Und der schenkt, dass Kultur sich bereichern und verändern lassen kann: Gott.

„Wort zum Sonntag“, von Superintendentin Antje Pech veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 13./14. August 2022.