2022-12-24 – Fürchte dich nicht, …“  

…siehe, ich verkündige euch große Freude, die heute widerfahren wird allem Volk.“

Mit lauter Stimme ruft der Verkündigungsengel seine Botschaft im Krippenspiel in den Kirchenraum. Meistens in einem weißen Gewand. Das ist engeltypisch und hat einen hohen Wiedererkennungswert.
Ja, zu Weihnachten haben sie wieder Hochkonjunktur, die Engel. Am Baum, als Schokoladenfigur oder als geschnitzte Holzfigur im Weihnachtsensemble in der Stube.
Aber gibt es sie auch in Echt. Ja, und sogar außerhalb von Weihnachten.  Mir ist jedenfalls einer begegnet im Herbst beim Weinfest in Radebeul. Braune Schirmmütze, Sakko und dreiviertellange Cordhose.
„Das war doch kein Engel!“ werden Sie vielleicht sagen. – „Doch!“ Er stand an der Bühne und jedes Mal, wenn die Musiker aufspielten, ging er freundlich auf eine der umstehenden Frauen zu und bat sie zum Tanz.
Am Anfang waren sie unsicher und zögerlich. Aber das änderte sich sehr schnell. Geschmeidig, behutsam und mit einem Lächeln, das Wärme und Herzlichkeit pur ausstrahlte, führte er sie zum Rhythmus der Musik. Er hat kein Wort gesprochen, aber seine Gesten und sagten: „Fürchte Dich nicht, du kannst es!“
Egal ob Jung oder Alt für den Moment des Tanzes gab er jeder seiner Tanzpartnerinnen das Gefühl, die allerbeste Tänzerin zu sein. Berührend war für mich, hinterher in das Gesicht der Frauen zu schauen. Sie waren beseelt und glücklich. – Ja, sie sind schon etwas Besonderes, die Engel, übersetzt „Boten“.
Nicht auszudenken, wenn sie damals den Hirten nichts von der Geburt Jesu erzählt hätten. Aber sie waren da, damals, bei den Hirten auf den Feldern vor Bethlehem, und sie haben ihnen das Heil verkündet, das sich im Bethlehem im Stall ereignet hat. Sie durften als erste (!) das Heil schauen; sie auf die sonst niemand etwas gegeben hat. Auch das passt zu den Engeln und zu Gott: sie kommen zu den Vergessenen, den Unscheinbaren, denen, die nicht in Schlagzeilen bejubelt werden, die sich stattdessen täglich durchkämpfen müssen. Aber Gott sieht sie, damals wie auch heute. Und er schickt ihnen Engel, die mit Worten oder Gesten die Botschaft von damals verkünden: „Fürchte dich nicht, siehe ich verkündige euch große Freude, die allem Volke widerfahren wird. Euch ist heute der Heiland geboren.“ (Die Bibel, Lukas, Kapitel 2)

Nicht immer sind sie auf den ersten Blick zu erkennen, die Engel. Sie erscheinen selten in weißen Gewändern und mit Flügeln, sondern eher bodenständig. Häufig merkt man erst später, dass einem ein Engel begegnet ist. Aber das ist nicht schlimm, denn die Botschaft ist ja das Wichtige. Festhalten lassen sie sich nicht. Und das ist gut so. – Was ich Ihnen wünsche? Offene Augen, ein waches Herz, das sich noch anrühren lässt und den Mut „barfuß“ unterwegs zu sein. Das sind gute Voraussetzungen, einen „Engel Gottes“ zu erkennen und seine Botschaft zu hören.

In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!

„Wort zum Sonntag“, von Pfarrer Peter Pertzsch, Krankenhaus Großschweidnitz veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 24./25. Dezember 2022.