2023-01-15 – Tüchtig angetrieben

Was treibt den nur an, frage ich mich und fragen sich mit mir so viele andere.
Psychologen, Journalisten, Politwissenschaftler versuchen es täglich zu ergründen: Was treibt einen Menschen und eine Führungsriege an, einen Krieg zu führen, den sie entgegen aller Welt nicht Krieg nennen wollen? Eine Zeitung titelte einmal: Was geht in ihm vor? Auch wenn Beweggründe erahnt werden können: Letztlich bleibt das wohl ein bitteres Geheimnis, das tausenden Menschen das Leben oder die Lebenshoffnung kostet.
Einen Grund gibt es immer, was Menschen antreibt. Was treibt mich z.B. an, diesen Artikel zu schreiben? Was treibt Sie an, diese Zeitungsworte zu lesen?
Es gibt immer etwas, das mich zu meinem Handeln oder Denken antreibt. In den großen Dingen der Weltpolitik aber auch in meinem sehr persönlichen Leben ist es manchmal gut zu fragen: Was treibt mich eigentlich an?
Sind es gute oder niedere Gründe? In der Bibel heißt es: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder“ (Römer 8,14). Klingt vielleicht bisschen gestelzt, aber der Sinn ist für mich sehr lebensnah. Von welchem Geist lasse ich mich treiben? Haben Sie z.B. schon mal den Geist des Neides erlebt? Ich Ja.
Wie ich dann auf das Grundstück oder die Arbeit, den Lohn, die Familie oder auf die Anerkennung eines anderen schaue. Der macht etwas mit meiner Seele, der Geist des Neides. Wenn daraus Taten folgen, können Freundschaften kaputt gehen, kann eine Dorf- oder Stadtgemeinschaft bösartig werden, können Armeen einer ganzen Welt in Bewegung gesetzt werden. Dieser Geist des Neides, den sicher jeder kennt, kann schnell zum Geist des Hasses werden.
Der hat die verführerische Kraft, sogar aus Christen und Pazifisten Unterstützer von Waffengewalt zu machen.
Ich will mich durch das Bibelwort kritisch fragen lassen: Welche Kraft und welcher Geist treiben mich? Ist es der Geist der Liebe oder der Geist des Rechthabenwollens? Der Geist des Gottvertrauens oder der Geist der Angst?
Auch als Pfarrer habe ich den Geist Gottes nicht gepachtet oder ein besonderes Anrecht auf ihn. Aber wenn ich von einer alten Frau hören darf, wie sie zu Gott gebetet hat und die Kraft bekam, einem Menschen eine schlimme Verletzung zu vergeben, merke ich: Der Geist Gottes hat eine ganz reale und lebensbestärkende Kraft. Von diesem Geist will ich mich gern treiben lassen. Lassen Sie sich von Gott be-Geist-ern.

„Wort zum Sonntag“, von Daniel Mögel, Pfarrer in der Kirchgemeinde Löbau, veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 14./15. Januar 2023