2023-04-01 – Eselsgedanken

Gerade komme ich von einem kleinen Eselspaziergang zurück. Kinder des Förderkurses „Lernen mit Tieren“ einer Grundschule haben je zu zweit unsere Esel Pedro und Taki geführt. Gar nicht so einfach. Esel verstehen ja nicht den Wortsinn, den wir sagen. Sie nehmen unsere Stimmung war, unseren Tonfall und unsere Körpersprache. Die Esel testen die Kinder erst aus. Kann ich bei ihnen fressen? Sind sie aufmerksam genug? Sind sie freundlich zu uns?

Ich habe versucht, mich in einen Esel hineinzuversetzen und die Geschichte des Palmsonntags aus dessen Sicht zu erzählen.
„Ich stehe angebunden im Schatten und zupfe etwas Gras. Ich drehe meine Ohren, ich höre etwas. Da kommen zwei Männer zu mir. Sie binden mich los. Gehe ich oder bleibe ich stehen? Die beiden wirken sicher, in dem was sie tun. Sie sind freundlich und bestimmt. Also gehe ich mit. Sie bringen mich zu einem Mann, den sie Jesus nennen. Er steigt auf. Gehe ich oder bleibe ich stehen? Auch Jesus weiß, wohin er möchte. Er zögert nicht. Freundlich ist er und geduldig. Also gehe ich mit. Es geht hinauf nach Jerusalem. Viele Menschen sind dort. Es ist Festtagsstimmung. Da fangen die Menschen an Zweige auf den Weg zu legen und ihre Kleidung. Vor mir liegt sie wie ein Teppich. Das ist neu für mich. Aber Jesus, der auf mir sitzt, weiß wohl, was es bedeutet. Er zögert nicht. Und so gehe auch ich weiter. Die Menschen singen und jubeln. Und wir schreiten mitten hindurch. Ein schönes Gefühl. Langsam gefällt mir das.“
Dass Jesus auf einem Esel nach Jerusalem reitet hat seinen Grund. Der Esel ist ein symbolträchtiges Tier. Auf einem Esel sitzen keine Soldaten, vielmehr ist er ein Zeichen für Frieden. Dem Esel können wir schlecht ein Tempo aufzwingen, so ist er auch ein Entschleuniger. Das beides scheint Jesus nicht zu stören, im Gegenteil, es beschreibt seine Person. Jesus, der Frieden bringen will. Das geschieht nicht von heute auf morgen, sondern immer nur Schritt für Schritt, aber dafür unaufhörlich. Der Esel denkt nach und läuft bedacht, niemals überstürzt. Auch das passt für mich zu Jesus.
An diesem Wochenende erinnere ich mich gerne an den Einzug nach Jerusalem und vielleicht gelingt es mir und Ihnen Schritt für Schritt in meinem Umfeld Frieden zu bringen, zu entschleunigen und nichts zu überstürzen – aber trotzdem loszugehen.

Übrigens: Nach anfänglichen Schwierigkeiten liefen die Esel gut mit den Kindern mit und wollten gar nicht umkehren. Und auf dem Rückweg waren Esel und Kinder schon ein eingespieltes Team.

„Wort zum Sonntag“ von Anke Eichhorn, Gemeindepädagogin und Fachkraft für tiergestützte Intervention im Kirchenbezirk Löbau-Zittau, veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 1./2. April 2023.