2023-10-15 – Rezeptfrei

Mit der Herbstzeit beginnt neben den vielen schönen Dingen wie dem Pilze-Sammeln und der herrlichen Laubfärbung leider auch die Erkältungszeit. Das ist dann auch die Zeit der warmen Tees, Taschentücher und Lutschtabletten. Wer sich einen Husten oder Schnupfen eingefangen hat, sucht in seiner misslichen Lage flugs die Apotheke auf, die für Vieles Abhilfe und Linderung bereit hält. – Was aber, wenn die eigene Hoffnung und der Mut kränkeln? Gibt es auch eine Stärkung für den Glauben?

Theodor Fontane ist vor gut 150 Jahren auf seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg in der Stadt Werder auf ein interessantes Gemälde gestoßen: „Christus als Apotheker“. In rotem Gewand ist Jesus Christus mit einer Apothekerwaage dargestellt. Vor ihm in acht Mörsern und Fläschchen die Zutaten mit den Aufschriften: Geduld, Hoffnung, Liebe, Beständigkeit, Hilfe, Friede, Gnade und Glaube. Die Hauptzutat liegt aber in einem geöffneten Sack vor ihm, gefüllt mit „Kreuzwurz“. Eben greift Christus in dieses Säckchen und bringt die Waage ins Gleichgewicht. Auf dem Tischtuch finden sich verschiedene biblische Verse und auch der Spruch für die kommende Woche würde gut hierhin passen: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.“(Jeremia 17,14)

Wieder heil werden – wie groß ist diese Sehnsucht in unserer fiebernden Zeit! Zur Visite genügt ein Blick in die Meldungen der letzten Tage und es ist zu spüren, wie die Werte des Welt-Patienten zunehmend entgleisen und wie Krise um Krise ihn schütteln wie gefährliche Krankheitsherde. Doch welche Arznei braucht unsere kranke Welt um heil zu werden? Die Versuchung ist groß, einfach Mittel über die Theke zu schieben, die sich gegen die Symptome unserer Zeit richten: Gegen den Kriegsherd die Waffen, gegen den bösartigen Angriff die Vernichtung und gegen die unliebsame Position die Brandmauer. Doch die Beipackzettel dieser Gegengifte sind lang und die Nebenwirkungen hochriskant! Wirkliche Heilung sieht anders aus.

Wie wohltuend lesen sich da die Arzneien, die Christus als Apotheker anwendet! In seiner Nachfolge stehen wir als Kirche und Gemeinde. Als ein Stück geistlicher Medizin möchten darum unsere Gottesdienste und Angebote dienen. Hier soll Raum sein, Christus zu begegnen und die Alltagslasten von unserer Schulter und an sein Kreuz zu legen. Und hier mögen Sie ausgestattet werden mit einer guten Dosis all der Zutaten, die Gottes Apotheke noch bereithält, rezeptfrei versteht sich – einfach zum abholen. Sie können sich natürlich auch direkt an den Hersteller wenden. Betreff: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.“

„Wort zum Sonntag“, von Gerd Krumbiegel, Pfarrer in der Kirchgemeinde Großschönau, veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 14./15. Oktober 2023.