2024-04-21 – Jubelt!

Liebe Leserinnen und Leser,

viele Sonntage haben in der evangelischen Kirche einen eigenen Namen. Geläufig und bekannt sind die Adventssonntage, auch der Pfingstsonntag oder der Palmsonntag eine Woche vor dem Osterfest. Andere Sonntage haben weniger bekannte Namen. Morgen heißt der Sonntag Jubilate. Es ist der dritte Sonntag nach dem Osterfest.
Mit ein bisschen Phantasie kann man ahnen, worum es bei diesem Namen geht. Jubilate ist lateinisch und bedeutet: Jubelt!

Der morgige Sonntag ist also auch ein Jubelsonntag. In den Gottesdiensten wird auch der Jubel in der Musik und den Liedern eine Rolle spielen, mancherorts finden auch Jubelkonfirmationen statt.
Ich überlege, was das eigentlich ist, der Jubel. Ein merkwürdiges Wort, wenn man es sich auf der Zunge zergehen lässt…
Gejubelt wird beim Fußball, aber auch das Jubiläum hat damit etwas zu tun. Jubel, Trubel Heiterkeit, sagt man, wenn die Stimmung gut ist man sich wohlfühlt. Wer jubelt, der freut sich. Über einen Erfolg oder etwas Schönes, eine glückliche Wendung, eine Heilung oder Genesung.

Der Jubel ist eine schöne Sache. Aber der Jubel hat auch die merkwürdige Eigenschaft, dass ich darüber nicht verfügen kann. Jubel ist nicht käuflich, Jubel stellt sich nicht von selbst ein. Es muss also etwas von außen geschehen, damit ich jubeln kann. Etwas oder jemand kann mich jubeln lassen. Der Jubel braucht also gewissermaßen ein Gegenüber.
Dieses Gegenüber hat der Jubel des morgigen Sonntags. Denn das Wort Jubilate kommt von einem alten Liedvers, einem Psalmwort her. Da heißt es: Jubelt Gott zu, alle Völker der Erde. Dieser Jubel hat einen Grund und eine Ursache: Denn Gott hat alles wunderbar gemacht, und, so heißt es später in diesem alten Lied, er erhält uns am Leben und bewahrt uns vor dem Untergang.

Ich spüre, dass ich ins Jubeln komme, wenn ich an die Schönheit der Natur denke, an das Zwitschern der Vögel und die Wärme der Sonne. All das hat Gott gewollt und gemacht. Ich beginne zu jubeln, weil Gott mich gewollt und gemacht hat. Nicht nach den Maßstäben der Biologie, sondern nach einer anderen geheimnisvollen Idee, die ich nicht verstehen kann.

Im Astrid Lindgrens Kinderbuch von Ronja, der Räubertochter, wird erzählt, wie Ronja im Frühling in den Wald geht. „Erschrick nicht!“, sagt sie zu ihrem Freund, „jetzt kommt mein Frühlingsschrei.“ Und Ronja schrie, gellend wie ein Vogel. Es war ein Jubelschrei, den man weit hinüber den Wald hörte.

Morgen ist Jubilate. Wie wär´s also mit einem kleinen Frühlingsschrei, heimlich still und leise oder ganz laut, weit hinüber alle Felder?

„Wort zum Sonntag“, von Friedemann Bublitz, Pfarrer im Kirchgemeindebund Löbauer Region, veröffentlicht in der Sächsischen Zeitung vom 20./21. April 2024.