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Impuls zum Tag – 29. April 2020


29. April 2020

Paul Lafargue ist der Schwiegersohn von Karl Marx. Er schreibt 1880 für eine französische Zeitschrift einen Artikel: „Das Recht auf Faulheit“.
Überall in Europa ersetzen zu dieser Zeit zunehmend Maschinen die Arbeit von Menschen. Das 1848 in der Verfassung der französischen Republik verankerte „Recht auf Arbeit“ pervertiert: Zwischen Maschine und Mensch entsteht Konkurrenz.

Lafargue schreibt: „Während die Maschine nach und nach perfektioniert wird und die Arbeit des Menschen mit ständig wachsender Geschwindigkeit und Präzision erledigt, verdoppelt der Arbeiter, statt seine Erholungszeit entsprechend zu verlängern, nur seinen Eifer, so als wollte er mit der Maschine konkurrieren. Oh, welch absurde und mörderische Konkurrenz!“

Lafargue beschreibt dann die Folgen. Weil Maschinen und Arbeiter arbeiten bis zum Umfallen, entsteht Überfluss. Die Frauen des Bürgertums, so schreibt er, müssen von morgens bis abends in neue Kleider schlüpfen.
Und weil Maschinen und Arbeiter arbeiten bis zum Umfallen, ist das Leben nur vom Produzieren bestimmt.

Paul Lafargue fordert deshalb, dass jede und jeder am Tag nicht mehr als drei Stunden arbeiten sollte. Den Rest des Tages und der Nacht kann man nutzen, um zu faulenzen und zu feiern.

Das ist 1880 gewesen, also vor 140 Jahren.
Inzwischen leben wir in Zeiten von Corona. Es gibt in unserem Land über 700.000 Anträge auf Kurzarbeit. Etwa sieben Millionen Menschen sind überschuldet. Und 15 Prozent mehr Firmen werden im Vergleich zu den Vorjahren in die Insolvenz gehen. Die Menschen wollen vielleicht nicht, aber sie müssen eher mehr als weniger arbeiten.

Und in dieser Woche hat erneut der Petersberger Klimadialog stattgefunden. Weniger arbeiten ist gut für die Umwelt. Wenn die Wirtschaft angeschoben werden muss, dann unter strengen ökologischen Auflagen.

Gerecht und auskömmlich für Natur und Mensch soll Arbeit sein.
Der 1. Mai als Tag der Arbeit wird diese Balance thematisieren müssen.

Und auch kirchliches Tun wird sich daran messen lassen müssen, wie gerecht es zugeht: umweltgerecht, familiengerecht, geschlechtergerecht, verteilungsgerecht, leistungsgerecht.

Alles, was dir vor die Hände kommt, es zu tun mit deiner Kraft, das tu. So sagt es der Prediger Salomo.

Das klingt nach „in die Hände spucken“ und losarbeiten.
Aber nicht jedes Werk um jeden Preis ist damit gemeint.
Auch Salomo kennt Folgeabschätzungen. Er weiß um die Forderung, eigenes Tun am Willen Gottes zu messen. Und er weiß – und sagt das in diesem Vers auch eindrücklich – um die Notwendigkeit der Einschätzung der eigenen Kräfte.

Wieder kommt die Balance in den Blick: Tun, was Gottes Willen entspricht und wofür die eigene Kraft ausreicht. Lassen – Gott überlassen – was zu groß für uns ist. Der Vers aus dem Buch des Predigers Salomon will im Zusammenhang gelesen werden mit dem dritten Gebot (Exodus 20): Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligst. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. 

 Antje Pech