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Impuls zum Tag – 1. April 2020


1. April 2020

„Die Zeit heilt alle Wunden.“
So sagt es ein altes Sprichwort.
Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Satz wahr ist. Von einer Wunde bleibt immer auch eine Narbe. Und das heißt: Die Erinnerung, was widerfahren ist, ist präsent ein Leben lang.„Die Zeit heilt alle Wunden.“
In diesen Tagen denke ich oft an dieses Sprichwort. Im Fernsehen sehe ich Menschen, die mit Tränen in den Augen davon berichten, dass ihr Startup die Corona-Pandemie nicht überstehen wird. Restaurantbesitzer stellen um auf Lieferservice und wissen dennoch, dass dies das Restaurant nicht retten wird. Betriebe beantragen Kurzarbeit. Eltern haben Angst, dass das Geld nicht lange reichen wird.
Und seit Montag können die Anträge auf Soforthilfe und um Aufnahme eines Darlehens gestellt werden. – Ein Pflaster über dem aufgeschlagenen Knie in diesen Tagen. Ein kurzes Aufatmen inmitten der Sorgen um die Existenz. Ein flüchtiges Abwischen der Tränen.

Wie lange muss Zeit sein, dass alle Wunden heilen?
Tritojesaja, ein Verfasser von Texten nach der Rückkehr der Israeliten aus dem Exil, spricht uns heute Mut zu:
Ich will mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens. Jes 65,19
Das klingt tatsächlich nach „Die Zeit heilt alle Wunden.“ Das klingt vollmundig. Er ist eben 2 ½ Jahrtausende alt, dieser Tritojesaja-Text. Da gab es noch ganz konkret die Erinnerungen an das Exil. Da gibt es die Rückkehr-Realität der Israeliten inmitten des zerstörten Jerusalems und das Gefühl, dass die Normalität des Lebens und der in Erinnerung gehaltene Gott der Väter weit weg sind in all diesem Elend.

Kein Weinen, kein Klagen sollen mehr sein.
In der Seelsorge sprechen wir davon, dass durch Weinen Stress und Anspannung abgebaut werden können. Märchen erzählen von einer Heilkraft der Tränen.

Die Losung spricht uns Mut zu und erinnert uns an das, was Glauben ermöglicht: Weg mit dem Klagen, ein Abwischen der Tränen – und das immer wieder – hin zum Leben.

Wichtig ist: Der Prophet sagt nicht, dass es überhaupt keine Tränen und Wunden mehr geben wird. Aber er spricht davon, dass es wieder Zeiten geben wird, in denen Weinen und Klagen verschwunden sind, weil es den Menschen gut geht.

Antje Pech