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Impuls zum Tag – 10. April 2020 – Karfreitag


10. April 2020

Meine Mutter ist Krankenschwester. Die aufgeschlagenen Knie oder die Beulen am Kopf meiner Kindheit wurden daher eher pragmatisch versorgt: reinigen, pusten, Pflaster.
Schließlich sah meine Mutter Tag für Tag sehr viel Schlimmeres.
Und dennoch: Das Pusten auf die schmerzende Wunde hat sich mir eingeprägt.
Auch der Spruch dazu:
Heile, heile Segen,
morgen gibt es Regen,
übermorgen Sonnenschein,
dann wird es wieder besser sein.

Wunden, die heilen, weil sich Mutter oder Vater, Oma oder Opa zuwenden und Anteil nehmen am Schmerz – Erinnerungen, die wohl jede und jeder von uns hat.

Der Schreiber des 1. Petrusbriefes nimmt das Bild von Wunden, die heilen, auf. Im Lehrtext heißt es heute: Durch seine Wunden seid ihr heil geworden. Denn ihr wart wie irrende Schafe, aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen (1Petr 2,24-25).
Mit dem Blick auf Jesus Christus, auf die Wunden an seinem Kopf, auf dem Rücken, an den Händen und Füßen, sind wir mittendrin im Karfreitag. Und klar ist: Es sind nicht die Wunden Jesu, die in dieser Welt heilen werden. Jesus stirbt am Kreuz. Und vorher erlebt er Schläge, Anspucken, Hohn und wahnsinnige Schmerzen.

Dennoch: Auch er erlebt Zuwendung. Seine Mutter, die Tante, die Freundin und der Lieblingsjünger halten es aus unter dem Kreuz und neben der Würfelrunde der Soldaten.

Und auch das geschieht: Wir sehen, dass sich da einer aufopfert – für dich, für mich.
In den Krankenhäusern und Pflegeheimen heute, bei den Ordnungskräften und in den vielen geöffneten Verkaufseinrichtungen ist das zu erleben: Einsatz für andere unter einem hohen persönlichen Risiko. Das geschieht, damit Leben weitergehen kann.

Das Aufopfern Jesu nimmt andere Wunden in den Blick, die Wunden an unserer Seele:

  • meine Lebenslügen
  • meine fehlende Hilfe für Menschen in der Not
  • mein Nichtgenügen
  • meine Angst

Während Jesus leidet und stirbt, wird uns über den Kopf gestreichelt, gepustet und auf die Wunde ein Pflaster aufgeklebt.
Heile, heile Segen. Ja, immer wieder.
Gott sei Dank!

Der Verfasser des Briefes weckt mit einem zweiten Bild noch weitere Erinnerungen. Er spricht von einem Umkehren und von einem Wiederfinden der Zuwendung. Neben dem Hirten wird hier der Bischof genannt. Im griechischen bedeutet Bischof – der Episkopos – auch „Hüter“ und „Schützer“.

Es tut mir also gut, wenn ich bei der freien Gestaltung meines Lebensweges in der Nähe meines Hirten und Bischofs bleibe. Bei Gott also. Weil hier Zuwendung und Hilfe für mich da sind.

Karfreitag 2020.
Welche Wunden sollen heute heilen?

  • die der Kranken in den Kliniken
  • die der am Coronavirus Verstorbenen und ihrer Angehörigen
  • unsere Angst vor einer Infektion
  • die Sorge, dass die Lebensmittel zu einer Mangelware werden
  • das Alleinsein der Großeltern zu Hause und in den Pflegeheimen
  • dass wir heute nicht in der Kirche in unserem Wohnort sein können

Wundheilung braucht Zeit. Und der Schmerz ist spürbar.
Aber schön ist es, dass Gott da ist.
Und schön ist, dass andere Menschen da sind und an uns denken.
Heile, heile Segen.
Das Pusten. Das Pflaster.
Immer wieder. Gott sei Dank!

Antje Pech